Seit mehr als zehn Jahren wurde in Russland keine Braustätte dieser Größe mehr errichtet. Und dabei entstand die neue Brauerei von Tatspirtprom mit einer Jahreskapazität von zwei Millionen Hektolitern auch noch in Rekordzeit: Nur ein Jahr nach Auftragsvergabe konnte Sud Nummer eins eingebraut werden. Dabei war das Projekt nicht nur der erste Brauerei-Turnkey-Auftrag für Krones in Russland, sondern gleichzeitig auch das bisher am schnellsten abgewickelte Gesamtprojekt dieser Größenordnung.
Ein kritischer Punkt des Projekts waren die großvolumigen Gefäße wie Gär-, Lager- und Drucktanks sowie Teile des Sudhauses. Für deren Transport wählte Krones den im Vergleich zur Straße logistisch deutlich einfacheren, aber längeren Wasserweg mit folgender Route:
Dabei hieß es, ein weiteres Hindernis zu umgehen: Weil die Wolga im Winter regelmäßig zufriert, wird die Schifffahrt immer Anfang November eingestellt. Die übergroßen Transporteinheiten mussten also bereits spätestens im Oktober 2017 ankommen – ein sehr enges Zeitfenster für den Bau von Tanks und Sudhaus. Denn der Seetransport nahm acht Wochen Zeit in Anspruch: zwei auf dem Meer bis St. Petersburg, vier auf der Wolga und weitere zwei im Hafen Tschistopol für Entladen, Verzollen und Vorbereitung des Transports zur Baustelle. »Bei diesem Großprojekt haben wir alles just-in-time angeliefert und konnten so den engen Zeitplan einhalten,« sagt Natalja Küffner, Projektleiterin bei der Krones AG. »Das wiederum war nur möglich, weil der Auftraggeber sehr, sehr kooperativ war«, lobt sie die Zusammenarbeit.
Neben dem Seeweg, auf dem ein Großteil der insgesamt 82 übergroßen Einheiten verschifft wurden, spielte auch der Landweg eine wesentliche Rolle. 235 Lastkraftwagen mit Standard-Containern legten die jeweils 3.200 Kilometer durch Tschechien, Polen und Weißrussland bis nach Tschistopol zurück. Dafür benötigte jeder Fahrer acht Tage, für die Transporte auf dem Landweg mit Übergröße musste sogar die doppelte Zeit eingerechnet werden. Damit alles glatt lief, hatten die Logistik-Spezialisten bei Krones zuvor die Reiseroute minutiös geplant und speziell für die Sondertransporte etwaige Engpässe ausgeschlossen. Resultat: Auch hier kam alles pünktlich und unbeschadet an.
Die Verantwortlichen bei Tatspirtprom zeigten sich mit dem Projektablauf mehr als zufrieden: »Wir haben im Vorfeld mit fünf Anbietern gesprochen. Aber wir sind froh, dass wir uns für Krones entschieden haben, sonst hätten wir den engen Zeitrahmen wahrscheinlich nicht einhalten können«, erklärt der Vorstandsvorsitzende von Tatspirtprom, Irek Minnakhmetov.
Krones war der einzige Lieferant, der uns eine wirkliche Turnkey-Lösung anbieten konnte. Ich denke, wir haben in Krones einen würdigen Partner für unsere Pläne.
Irek Minnakhmetov
Komplette Prozesstechnik
Seitens der Prozesstechnik gehörte das komplette Sudhaus zum Lieferumfang. Dieses ist ausgelegt auf eine Leistung von 450 Hektolitern pro Sud bei zwölf Suden pro Tag und kann Biere mit einer Stammwürze von bis zu 15,5 Grad Plato herstellen. Dazu verfügt es über:
- Zwei Maischebottiche ShakesBeer
- Läuterbottich Pegasus
- Vorlaufgefäß
- Würzepfanne mit Innenkocher Stromboli
- Pfannendunstkondensator zur Energierückgewinnung
- Whirlpool
Eine Verarbeitung von Rohfrucht ist nicht vorgesehen. »Wir legen hohen Wert auf die Qualität unserer Bier und verwenden deshalb 100 Prozent Malz zum Brauen«, betont Executive Director Rishat Khasanov.
Die erste Bauphase umfasste eine Brauerei mit einer Kapazität von einer Million Hektolitern. Dafür errichtete Krones 18 zylindrokonische Gär- und Lagertanks mit einem Nettovolumen zwischen 1.000 und 3.600 Hektolitern. Diese sind mittels Panel-Technik miteinander verbunden. In der nächsten Ausbauphase auf zwei Millionen Hektoliter kamen Ende 2018 dann weitere zwölf Tanks à 3.600 Hektoliter dazu. Auch die Einrichtung zur Hefelagerung wurde dabei um zwei Tanks erweitert.
In der Filtration entschied sich Tatspirtprom für eine Kombination aus je einem Kieselgurfilter mit Anschwemmfiltration TFS und TFS PVPP sowie einer Zentrifuge. Zehn vollautomatisierte Drucktanks, die mit Evoguard Doppelsitzventilen ausgestattet sind, stellen das fertige Bier zum Abfüllen bereit. Die Steuerung der gesamten Prozesstechnik übernimmt das datenbankbasierte Prozessleitsystem Botec F1.
Krones war daneben auch verantwortlich für sämtliche Utilities, angefangen beim Wasserhaus mit Dampfkessel und der NH3-Kühl- und Eiswasser-Anlage über eine Einrichtung zur CO2-Rückgewinnung sowie eine Druckluft- und CIP-Anlage bis hin zur Wasseraufbereitung mit Umkehrosmose-Anlage Hydronomic RO.
Drei Abfüllanlagen
Für das Abfüllen der Biere installierte Krones außerdem insgesamt drei Komplettlinien:
- Einwegglas-Linie, ausgelegt für 30.000 0,5-Liter-Einweg-Glasflaschen pro Stunde
- Einweg-PET-Anlage für eine Leistung von 17.600 1,5-Liter-Einweg-PET-Behältern pro Stunde
- Dosenlinie für eine Leistung von 30.000 0,5-Liter-Dosen pro Stunde
Außerdem produziert eine Kosme Streckblasmaschine KSB Gigablow 30-Liter-PET-Kegs mit einer Leistung von 200 Behältern pro Stunde. »Wir haben uns von Anfang an dazu entschlossen, in alle möglichen Verpackungsvarianten zu investieren. So können wir flexibel auf die Nachfrage des Markts reagieren,« sagt Irek Minnakhmetov. »In der Phase der Markteinführung waren besonders PET-Kegs, Edelstahl-Kegs und PET-Flaschen gefragt.«
Die Brauerei Belyi Kreml (zu Deutsch »weißer Kreml«, benannt nach dem gleichnamigen Gebäude in Kasan, der Hauptstadt der Republik) produziert 14 verschiedene Biersorten in 28 Stock Keeping Units. In Lizenz braut Tatspirtprom dabei die bayerischen Biermarken König Ludwig und Kaltenberg. »Damit haben wir hier in Tschistopol nicht nur die Prozess- und Abfülltechnologie des bayerischen Weltmarktführers Krones, sondern auch das Brau-Know-how einer bayerischen Premiumbrauerei«, freut sich Irek Minnakhmetov.
Kämpfen für einen Traum
Schon im ersten Jahr schöpfte Tatspirtprom rund 40 Prozent der initial installierten Kapazität von einer Million Hektoliter aus. Aber Minnakhmetov hat gemeinsam mit Executive Director Rishat Khasanov noch viel mehr vor: »Wir sind bereits im Gespräch mit Krones für eine Verdopplung der Jahreskapazität auf dann vier Millionen Hektoliter.« Eine Kampfansage, auch gegen den in Russland weit verbreiteten grauen Biermarkt, den er auf bis zu 40 Prozent des Bierkonsums beziffert und der in seinen Augen Tatspirtproms Hauptkonkurrent ist. Und dann nimmt er das Wort »zehn Millionen Hektoliter« als mittelfristiges Ziel in den Mund: »Unsere strategische Aufgabe ist es, stärkster Bieranbieter im lokalen Markt Tatarstan zu werden und eine führende Rolle in ganz Russland zu spielen. Wir haben diesen Traum und wir werden dafür kämpfen.«
Wäre das nicht auch was für Sie?